Seit Herbst 2024 unterstützt der Kreis Nordfriesland Familien mit behinderten oder von einer Behinderung bedrohten Kindern und Jugendlichen mit einem neuen Angebot: Harald Manthey ist der erste Verfahrenslotse des Jugendamts. Seine Aufgabe ist es, betroffene Familien durch das komplizierte System der Eingliederungshilfe für unter 27-Jährige zu begleiten, damit sie ihre Ansprüche auf Unterstützung besser wahrnehmen können.
„In diesem Bereich gibt es etliche Gesetze, unterschiedliche Zuständigkeiten und Detailregelungen. Auch diverse Gerichtsurteile sind zu beachten. Daher begrüße ich den Passus im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz ausdrücklich, der die Einsetzung von Verfahrenslotsen vorsieht“, erklärt Landrat Florian Lorenzen. Damit werde ein wichtiger Schritt hin zu einer inklusiven Gesellschaft getan. „Niemand darf an schwer verständlichen Bundesgesetzen scheitern, wenn es um wichtige Hilfen geht“, betont Lorenzen.
Der Verfahrenslotse hilft in vielfältiger Weise dabei, die Hilfen zu erhalten, die eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen. Er berät bei der Antragstellung, begleitet Familien zu Gesprächen mit Behörden und klärt Zuständigkeiten. Besonders wichtig ist seine Rolle als Vermittler zwischen den verschiedenen Rehabilitationsträgern, zum Beispiel der Kinder- und Jugendhilfe oder der Eingliederungshilfe.
Zu den möglichen Hilfsangeboten gehören beispielsweise die Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Therapieplätzen, einer Schulassistenz, einer Freizeitbegleitung, um die soziale Teilhabe zu ermöglichen, oder autismusspezifische Fördermaßnahmen. „Häufig wissen Eltern nicht, welche Hilfen ihren Kindern zustehen, oder sie scheitern an den vielen Formularen“, erklärt Daniel Thomsen, Leiter des Jugendamts. „Der Verfahrenslotse weiß, an wen die Betroffenen sich wenden können, oder er findet es heraus.“
Falls erforderlich, begleitet Harald Manthey sie zu Gesprächen in Behörden. „Natürlich unterstütze ich auch gern, wenn jemand ein Schreiben einer Behörde nicht versteht oder Widerspruch einlegen möchte. Wer nicht in mein Büro kommen kann, zu dem komme ich auch mal nach Hause“, sagt er.
Obwohl Manthey beim Kreis Nordfriesland beschäftigt ist und von diesem bezahlt wird, billigt das Gesetz ihm die Unabhängigkeit von seinem Arbeitgeber zu. Als Verfahrenslotse ist er nämlich vorrangig den Interessen der Familien und Jugendlichen verpflichtet. „Im Konfliktfall muss er dann sicherlich auch einmal gegen die Interessen des Kreises agieren. Das ist aus meiner Sicht völlig in Ordnung. Es ist absolut richtig, die betroffenen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen“, unterstreicht Verwaltungschef Florian Lorenzen.
Für Harald Manthey ist seine neue Tätigkeit eine Herzensangelegenheit: „Ich möchte den Familien zeigen, dass sie nicht allein sind. Egal, ob es um die erste Antragstellung oder um langfristige Unterstützung geht – ich bin für sie da, um Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten.“
Im Gesetz wird das Angebot des Verfahrenslotsen zunächst bis 2027 befristet. Die Kreisverwaltung hofft, dass die Vorschriften bis dahin klar verständlich formuliert werden, damit der Lotse nicht mehr erforderlich ist.
Harald Mantheys Büro befindet sich in der Großstraße 7-11 in Husum. Er ist unter Tel. (04841) 67403 sowie unter verfahrenslotse@nordfriesland.de zu erreichen.