Am Welt-Alzheimertag, dem 21. September, wird auch in Nordfriesland über die Herausforderungen und die gesellschaftlichen Auswirkungen von Demenzerkrankungen gesprochen. Die Alzheimer-Gesellschaft Nordfriesland (AGNF) unterstützt Betroffene und ihre Angehörigen und bietet eigene Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Alzheimertag an. Kürzlich stellte der Vorsitzende der Gesellschaft, Dr. Ludolf Matthiesen, dem Kreispräsidenten Frank Zahel als Schirmherrn der AGNF die diesjährigen Planungen vor. Dr. Matthiesen ist kreisweit als Ärztlicher Leiter des Geriatrischen Zentrums des Klinikums Nordfriesland bekannt.
„Demenzerkrankungen haben sich zu einer wahren Epidemie entwickelt“, erklärt er. In Nordfriesland seien offiziell rund 3.900 Menschen an Demenz erkrankt, tatsächlich dürfte die Zahl jedoch näher bei 5.000 liegen. Bis 2050 werde deutschlandweit mit mehreren Millionen Demenzkranken gerechnet. „Weil es bislang keine heilende Therapie gibt, fürchten viele Menschen Demenz inzwischen mehr als Krebs. Allerdings können spezielle Trainings den Fortschritt der Erkrankung durchaus verlangsamen“, betont der Mediziner.
Sorgen bereitet Matthiesen die verbreitete Tendenz Nicht-Betroffener, sich von Demenzerkrankten zurückzuziehen. Meist stecke dahinter Unsicherheit: Wie soll man mit einem alten Freund oder Verwandten umgehen, der sich plötzlich seltsam verhält? „Mit einer Demenz ist man vernünftigen Argumenten zeitweise nicht mehr zugänglich. Aber es wäre ganz falsch, den Kontakt zu dem Erkrankten abzubrechen. Oft lässt sich durch freundliche Ansprache oder Berührungen eine Verbindung herstellen“, weiß Matthiesen. „Und wenn jemand am Husumer Hafen sitzt und glaubt, er sei in New York, kann man doch auch als Gesunder so tun, als sei man wirklich dort. Viel wichtiger als der Gesprächsgegenstand selbst sind die damit verbundenen zwischenmenschlichen Kontakte. Sie bringen Licht und Freude in den Alltag der Erkrankten“, unterstreicht er.
Über Ratschläge dieser Art hätte Frank Zahel sich vor Jahren gefreut, als er im privaten Umfeld selbst mit einer Demenzerkrankung konfrontiert war. „Wir mussten alle erst mühsam lernen, wie wir uns verhalten sollten. Anfangs haben wir immer versucht, die betroffene Person mit rationalen Argumenten aus ihrer Phantasiewelt herauszuholen, aber das hat nie funktioniert“, erinnert er sich. Ludolf Matthiesens Beobachtungen zufolge ist dieses Wissen auch heute noch viel zu wenig verbreitet. „Dieses Thema liegt uns in der AGNF sehr am Herzen. Deshalb bieten wir Unternehmen und Behörden kurze Schulungen an, in denen wir ihren Mitarbeitenden erklären, wie sie sich verhalten sollten, wenn eine vermutlich demenzerkrankte Person als Bürger oder Kunde vor ihnen steht“, berichtet Dr. Matthiesen.
Für diese und andere Aufgaben sucht die AGNF neue Mitglieder. „Eine Vorbildung im medizinischen oder pädagogischen Bereich ist nicht erforderlich – wir freuen uns über alle, die sich mit etwas Zeit und eigenen Ideen einbringen möchten“, sagt Ludolf Matthiesen.
Kreispräsident Zahel begrüßt die Aktivitäten der Alzheimer-Gesellschaft. „Ihre Aktionen und Beratungsangebote sind von unschätzbarem Wert und werden immer wertvoller, je mehr Demenzkranke es gibt“, hebt er hervor. Als vorbildlich sieht er die Vernetzung der AGNF mit dem Pflegestützpunkt des Kreises und vielen anderen Initiativen und Organisationen in Nordfriesland an.
Zum Welt-Alzheimertag organisiert die AGNF am 21. September einen Tanz-Treff im Niebüller Tanzstudio Stümer, am 27. September eine Lesung und Klang in der Demenz-Bibliothek Mildstedt und am 10. Oktober eine Bustour durch Nordfriesland, die mit Kaffee und Kuchen in Jonny´s Café in Norstedt ausklingt. Diese Events sollen Betroffenen und Angehörigen eine Gelegenheit zum Austausch bieten, aber auch die breite Öffentlichkeit sensibilisieren. Anmeldungen sind telefonisch (04671 943637) oder per E-Mail an agnf@gmx.de möglich.
