Die Tagespflege etabliert sich auch in Nordfriesland zunehmend als vertrauenswürdige Institution für die Kinderbetreuung. Im Zusammenhang mit dem Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung für Ein- und Zweijährige hat der Bund die Tätigkeit der Tagespflegepersonen aufgewertet: Für Kinder unter drei Jahren gilt die Tagespflege als gleichwertiges Angebot zum Kindergarten.
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Die Nachfrage übersteigt schon jetzt das Angebot, und eine ganze Reihe erfahrener Tagespflegepersonen hat angekündigt, in den nächsten Jahren aus Altersgründen aufzuhören. »Den größten Bedarf an Kindertagespflegeplätzen gibt es in Orten mit vielen Arbeitsplätzen, also insbesondere in Husum, Niebüll und auf Sylt«, stellt Anna Woile aus dem Fachbereich Jugend, Familie und Bildung der nordfriesischen Kreisverwaltung fest. Auch im ländlichen Raum nimmt die Nachfrage zu, verteilt sich allerdings auf viele Orte.
Die Eltern übergeben ihr Kind morgens der Tagespflegeperson und holen es nach Feierabend wieder ab. Rund 50 aktive Tagespflegepersonen gibt es im Kreisgebiet. Die älteste ist 68, die jüngste 23 Jahre alt. Sie betreuen rund 200 Kinder in einem familiären Umfeld und setzen in ihren Angeboten individuelle Schwerpunkte, zum Beispiel eine besonders naturnahe Betreuung, bei der die Kleinen viel an der frischen Luft sind.
»Momentan empfehlen wir Neueinsteigern häufig, sich besonders auf die Bedürfnisse der unter Dreijährigen einzustellen«, erklärt Anna Woiles Kollegin Karin Jacobsen-Jordt. Viele Eltern wollen gleich nach Ende des Elterngeld-Bezuges, also nach zwölf beziehungsweise 14 Monaten, wieder zumindest in Teilzeit arbeiten. Sie können frei wählen, ob sie ihr Kind lieber in eine Kita oder in eine Tagespflege geben möchten – und auch, in welche. Bei so jungen Kindern ist insbesondere Feinfühligkeit der Tagespflegepersonen gefragt: »Man muss in der Lage sein, schnell einen guten Kontakt zu den Kleinen aufzubauen und intuitiv erfassen, welche Bedürfnisse sie haben«, betont Karin Jacobsen-Jordt.
Haben die Kinder den dritten Geburtstag gefeiert, sollen sie nach dem Willen des Gesetzgebers eine normale Kita besuchen. Tagespflegepersonen dürfen höchstens fünf Kinder gleichzeitig betreuen, doch ab drei Jahren ist es wichtig für die menschliche Entwicklung, sich in größeren Gruppen zu behaupten.
Gleichwohl behält die Tagespflege vor und nach der Kita ihre Bedeutung: Da die Arbeits- und Wegezeiten vieler Eltern nicht genau zu den festen Öffnungszeiten der örtlichen Kita passen, greifen sie gern auf Tagespflegepersonen zurück, die die Kinder in den Randzeiten betreuen. Meist bringen sie die Kinder zur Kita und holen sie auch wieder ab.
Angesichts des absehbaren Mangels entsprechender Fachkräfte hat der Kreis sich das Ziel gesetzt, das Berufsbild attraktiver zu gestalten. »Wir denken zunächst an eine weitere Steigerung der Qualität der Ausbildung für Tagespflegepersonen, eine intensivere Öffentlichkeitsarbeit und eine Erhöhung der Entgelte«, berichtet Daniel Thomsen, der den Fachbereich Jugend, Familie und Bildung des Kreises leitet. Die Richtung ist mit dem Jugendhilfeausschuss des Kreises abgestimmt. Im Herbst erwartet der Ausschuss konkrete Vorschläge.
Schon seit Jahren bietet der Kreis Nordfriesland spezielle Qualifizierungsmaßnahmen an. In 160 Unterrichtseinheiten und einem Praktikum werden pädagogisches und entwicklungs-psychologisches Wissen sowie rechtliche Aspekte vermittelt. Die ersten 50 Stunden finden, über ein halbes Jahr verteilt, an Sonnabenden statt, der Rest folgt später berufsbegleitend. Nur wer die Prüfungen besteht, erhält vom Kreis eine offizielle Erlaubnis zur Kindertagespflege.
Anna Woile und Karin Jacobsen-Jordt sind die ständigen Ansprechpartnerinnen für Tagespflegepersonen in der Kreisverwaltung. Sie beraten Interessierte und organisieren die Kurse. Auch danach bieten sie regelmäßige Fortbildungen für Tageseltern an, die gleichzeitig dem Erfahrungsaustausch und der Besprechung fachlicher Fragen dienen. Die beiden hoffen auf viele Bewerbungen in der nächsten Zeit: »Tagespflege ist ein Beruf mit Zukunft, in dem man sich niemals langweilt!«
Landrat Dieter Harrsen sind die Vorteile ebenfalls bewusst. Er betont: »Tagespflegestellen haben sich einen festen Platz im Bildungs- und Betreuungssektor erobert. Auch ihre Bedeutung für die Wirtschaft ist nicht zu unterschätzen, denn nur Eltern, die ihre Kinder in guten Händen wissen, können sich voll auf ihre Arbeit konzentrieren. Für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind Tagespflegepersonen unverzichtbar.«