(CIS-intern) – »Mit unserer Projektidee konnten wir sofort überzeugen«, freut sich Johanna Jürgensen, die Leiterin des Fachdienstes Kultur des Kreises Nordfriesland und als solche zuständig für den Betrieb der KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing. Die KZ-Gedenkstätte Ladelund hat gemeinsam mit der Gedenkstätte in Schwesing und der Nordsee Akademie Leck einen Antrag auf Fördermittel beim Bund gestellt und nun eine Zusage über 300.000 Euro aus dem Bundesprogramm »Jugend erinnert« erhalten. Weitere Förderer sind die Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten und der Landesbeauftragte für politische Bildung mit je 3.500 Euro.
Foto: Von KZ- Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund, CC BY-SA 3.0, Link
Die drei nordfriesischen Institutionen haben gemeinsam das Programm »Mehr als Vergangenheit – Zeitgemäße Vermittlungsarbeit für Multiplikatoren an den nordfriesischen KZ-Gedenkstätten« konzipiert. »Das Programm soll Lehrkräfte, in der Jugendarbeit Engagierte und andere Multiplikatoren befähigen, eigenständig innovative Konzepte in der politisch-historischen Bildungsarbeit zu entwickeln«, erläutert Johanna Jürgensen.
»Dazu werden wir ab Mitte 2020 in der Nordsee Akademie Modulreihen anbieten und ab 2021 Summerschools und Netzwerktreffen«, kündigt Aaron Jessen an, Leiter der Nordsee Akademie. »Unser Ausgangspunkt sind die beiden Gedenkstätten. Wir werden sie mit aktuellen und gesellschaftlichen Debatten verknüpfen. Auf dieser Grundlage befassen wir uns zum Beispiel mit Themen wie Rechtspopulismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.«
Philipp Cordts ist seit mehreren Jahren im Bereich der politischen Bildung mit Schwerpunkt Rechtsextremismus tätig und seit Mai dieses Jahres hauptamtlicher Mitarbeiter für Gedenkstättenpädagogik in Husum-Schwesing. »Wir wollen kreative Formen der Vermittlungsarbeit entwickeln. Das heißt auch, neue Medien einzubeziehen und mit aktuellen Formen der Kommunikation zu vermitteln, wie man für ein offenes, tolerantes und positives Menschenbild werben kann«, betont er. Gemeinsam mit Dr. Katja Happe, der Leiterin der KZ-Gedenkstätte Ladelund, und Janine Doerry, wissenschaftliche Mitarbeiterin in Husum-Schwesing, hat Cordts bereits erste Ideen entworfen.
»Was viele gar nicht wissen: Die beiden ehemaligen KZ-Gelände wurden in der Nachkriegszeit als Flüchtlingsunterkünfte genutzt. Das bietet einen Anknüpfungspunkt für die Beschäftigung mit dem damaligen und dem heutigen Umgang mit Geflüchteten und der oft erlebten Unterteilung in willkommene und unwillkommene Asylsuchende«, erklärt Johanna Jürgensen.
Die Lage Nordfrieslands an der Grenze zu Dänemark, die wechselhafte deutsch-dänische Vergangenheit und die Verquickungen in der NS-Zeit sehen die Beteiligten als weiteres Potential für einen reflektierten Umgang mit Themen wie Grenzen, Nation, Staat und Zugehörigkeiten.
»Wir haben in Deutschland und auch in Nordfriesland eine tolerante, offene und bunte Zivilgesellschaft. Es gibt aber auch gegenläufige Tendenzen, die unsere Freiheit und unser friedliches Miteinander in Gefahr bringen können«, stellt Landrat Florian Lorenzen fest. »Gedenkstätten sind Orte der Aufklärung über NS-Verbrechen und bieten sehr gute Voraussetzungen, um zur Förderung einer offenen und vielfältigen Gesellschaft beizutragen. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir mit diesem Fortbildungsangebot einen wertvollen Beitrag dazu leisten können, aus der Geschichte zu lernen.«
Für die Durchführung des dreijährigen Programms »Mehr als Vergangenheit« haben die Projektpartner eine Stelle ausgeschrieben, die möglichst ab Januar besetzt werden soll. Anstellungsträger ist die Kirchengemeinde Ladelund.