(CIS-intern) – Wenn die Afrikanische Schweinepest (ASP) nach Nordfriesland kommt, werden Wildschweine in der freien Natur an der Krankheit sterben. An den Kadavern können sich weitere Schweine infizieren. Wie lässt sich totes Schwarzwild finden? Welche Vorsichtsmaßnahmen sind bei der Bergung einzuhalten? Mit diesen Fragen befasste sich ein Workshop des Kreises Nordfriesland am 13. September. Rund 30 Fachleute waren der Einladung des Kreises gefolgt: Jäger, Landwirte, Feuerwehr, THW, Polizei, Maschinenringe, Tierkörperverwertung, praktizierende Tierärzte, Förster, Kreisveterinäre aus Dithmarschen und Schleswig Flensburg, das Kieler Landwirtschaftsministerium sowie der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein.
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Landrat Florian Lorenzen signalisierte durch seine ganztägige Teilnahme, mit welcher Besorgnis die Kreisverwaltung auf die Tierseuche blickt. Nachdem das Virus 2014 im Baltikum aufgetaucht war, hat es mittlerweile Brandenburg und Sachsen erreicht. „Es ist nur eine Frage der Zeit, wann es auch in Schleswig-Holstein festgestellt wird“, erklärte der Landrat. Die große Gefahr: Da das Virus sehr leicht auf Hausschweine übertragen werden kann, sinkt die Nachfrage für Schweinefleisch aus den betroffenen Ländern erfahrungsgemäß extrem ab. Wo die ASP grassiert, dürfen ohnehin weder Schweine noch Schweinefleisch exportiert werden.
In Nordfriesland gibt es rund 350 Schweinehalter, die insgesamt 250.000 Schweine halten. Die Schäden können hohe Millionensummen erreichen, etliche Arbeitsplätze wären in Gefahr. „Das einzig Gute an der ASP ist, dass Menschen nicht an ihr erkranken können“, sagte Kreisveterinär Dr. Dieter Schulze, der als Moderator durch die Veranstaltung führte. Aber der Mensch könne das Virus nichtsahnend in einen Betrieb einschleusen, und sei es über Schuhe oder Autoreifen. Um dies zu vermeiden, seien höchste Biosicherheitsstandards einzuhalten beim Kontakt mit Tieren, die an der Seuche verendet sind.
Kreisjägermeister Thomas Carstensen hatte auf Bitten von Dr. Schulze vor mehreren Wochen ein Reh gesichert, das Opfer eines Verkehrsunfalls wurde. Er fror das Tier im Ganzen ein und taute es drei Tage vor der Übung wieder auf. Den Kadaver versteckte er frühmorgens im hohen Gras auf einer Koppel in der Gemeinde Südermarsch. Der Ort liegt 500 Meter von der Straße entfernt, so dass kein Passant auf das Tier hätte stoßen können.
Die Herausforderung, den Kadaver zu finden, nahm das Unternehmen Vetcon an. Es erfuhr lediglich, in welcher Gemeinde das Reh lag. Zwei Fachleute des Unternehmens suchten das etliche Quadratkilometer große Gebiet mit Hilfe einer Drohne ab. Deren Sensortechnik, darunter eine hochsensible Wärmebildkamera, kostet einen sechsstelligen Betrag.
Unterdessen wurden die Teilnehmer in der Husumer Feuerwehrzentrale über den Katastrophenschutz des Kreises, den aktuellen Stand des Seuchengeschehens und die Seuchenbekämpfungs-Software der Veterinärbehörden informiert.
Nach rund zwei Stunden war die Drohnensuche erfolgreich. Welche Sicherheitsmaßnahmen die ASP bei der Bergung erfordert, demonstrierten zwei Tierärztinnen des Husumer Veterinäramtes: Dr. Verena Hansmann und Johanna Bergeest. Eine erste Schicht Schutzkleidung wurde beim Verlassen des Fahrzeugs auf der Koppel angelegt. Eine zweite folgte vor dem Betreten des Fundortes. Beim Anlegen der Schutzkleidung durfte auch nicht die kleinste Lücke offenbleiben. Selbst die Übergänge zwischen Overall und Gummistiefeln wurden mit Klebeband verschlossen.
So geschützt, entnahmen die Tierärztinnen dem Kadaver eine Gewebeprobe zur Untersuchung im Labor. Danach wurde der Kadaver sicher in einem Plastiksack verstaut und auf einen Transportschlitten befördert. Der Erreger kann im Erdreich über 200 Tage überleben und weitere Wildschweine anstecken. Deshalb musste der Fundort mit Desinfektionsmittel behandelt und anschließend umgegraben werden. In einigen Metern Entfernung wurde die zweite Schicht der Schutzkleidung ausgezogen und die Gummistiefel desinfiziert. Nun konnten die beiden den Rückweg zum Auto antreten. Dort legten sie den Sack in einen Container auf der Ladefläche eines Fahrzeugs der Tierkörperverwertung Jagel. Erst danach durften sie die Schutzkleidung wieder ablegen.
Alle Handschuhe, die Überschuhe und die Overalls kamen in eine Tüte, um sicher entsorgt zu werden. Der Rest der mitgebrachten Ausrüstung wurde gründlich desinfiziert.
Auch das Fahrzeug der Tierärztinnen musste desinfiziert werden. Unter fachlicher Anleitung durch Markus Knoblauch, den Leiter des Löschzuges Gefahrgut des Kreises, hatten Mitarbeiter des Maschinenrings die kreiseigene Schleuse zur Fahrzeugdekontamination aufgebaut. Zwei Feuerwehrleute übernahmen die Desinfektion.
Die Teilnehmer des Workshops verfolgten die Prozedur mit großem Interesse und manch sorgenvollem Blick. „Im Ernstfall können wir mit unserem begrenzten Personal selbstverständlich nicht jedes Tier bergen, das an der Schweinepest verendet sein könnte. Dann wird der örtlich zuständige Jagdberechtigte gebeten, den Kadaver so einzusammeln, wie wir es hier demonstriert haben“, betonte Kreisveterinär Schulze. Zudem seien die Feuerwehr, das THW oder der Maschinenring als unterstützende Kräfte denkbar.
Im Workshop sollte Wissen vermittelt und Kontakte geknüpft werden. „Beide Ziele wurden erreicht. Wir haben aber auch gesehen, dass trotz intensiver Auseinandersetzung mit der Bekämpfung der ASP noch immer eine Menge Arbeit vor allen Beteiligten liegt“, fasst Dr. Schulze zusammen.