»Für mich ist es eine überaus motivierende Aufgabe, ein finanziell angeschlagenes Klinikum wieder ins richtige Fahrwasser zu bringen. Das ist mir schon an anderen Standorten gelungen, und ich bin sicher, dass es mir gemeinsam mit dem Team vor Ort auch hier gelingen wird.« So beschreibt Christian von der Becke seine Ambition, die Geschäftsführung der Klinikum Nordfriesland gGmbH zu übernehmen.
Foto: Presse Kreis NF / Christian von der Becke
Aufgewachsen im nordrhein-westfälischen Witten, studierte der heute 52-Jährige Betriebswirtschaft und begann seinen Berufsweg in der Automobilbranche. Er spezialisierte sich auf die Bereiche Informationstechnologie und Prozessmanagement: Sein erstes großes Projekt bestand darin, rund 10.000 Einzelteile, die zu einem Kraftfahrzeug-Typ gehörten, ohne Lagerhaltung so zu befördern, dass jedes Teil genau im richtigen Moment am richtigen Arbeitsplatz eintraf und die unterschiedlichen Arbeitsschritte, darunter etwa die Montage einzelner Baugruppen, aufeinander abzustimmen.
»Das war eine unglaublich interessante Zeit, in der ich vieles gelernt habe – auch zum Thema Menschenführung«, erinnert Christian von der Becke sich. Nach einigen weiteren Projekten in der Autobranche, etwa der Einführung eines neuen IT-Systems bei Daimler-Chrysler, wurde er gefragt, ob er mithelfen wolle, ein Unternehmen zu sanieren.
»Ich war überrascht, dass es um die Führung einer Betriebsgesellschaft für mehrere Kliniken und Altenheime ging – das war ja nun gar nicht mein Beritt«, berichtet von der Becke. Er ließ sich auf das Wagnis ein und stellte bald fest, dass er mit seiner Erfahrung in der effizienten Organisation betrieblicher Abläufe bestens ins Team passte. Es war die Zeit, in der die Behandlungskosten der Krankenhäuser deutschlandweit auf das Fallpauschalen-System umgestellt wurden.
Der junge Manager stand vor der Herausforderung, das viel kritisierte System zur Kostenoptimierung einzuführen, ohne die Menschlichkeit aus dem Auge zu verlieren. »Wir waren zwölf Personen im Vorstand und hatten einen wunderbaren Vorsitzenden, der uns große Freiheiten ließ, unsere Talente zu entfalten. Es gelang uns tatsächlich, den Konzern wieder auf die Beine zu bringen.«
Einige Jahre in verschiedenen Führungspositionen und als Management-Berater später bewarb von der Becke sich als neuer Leiter des Klinikums Nordfriesland. Am 1. Juni bezog er ein Büro im Verwaltungsgebäude der Husumer Klinik und begleitete den scheidenden Geschäftsführer Frank Pietrowski in der täglichen Arbeit, bis dieser Ende Juni das Unternehmen verließ.
Doch schon im Mai, also vor seinem Amtsantritt, besuchte von der Becke die nordfriesischen Kliniken – inkognito. »Ich bin einfach hineinspaziert und bin durch die Häuser gewandert. Dabei war ich überrascht von der Freundlichkeit, die mir entgegengebracht wurde – statt mich zu ignorieren oder hinauszubitten, wurde ich überall freundlich angesprochen und erhielt nette Antworten auf meine neugierigen Fragen.«
Seinen positiven ersten Eindruck fand er seitdem in jeder der vier Kreiskliniken in Husum, Niebüll, Tönning und Wyk auf Föhr bestätigt: »Trotz des in Krankenhäusern üblichen Stresses habe ich überall eine sehr angenehme Arbeitsatmosphäre und hoch motivierte Teams vorgefunden. Es macht Spaß, hier zu arbeiten«, freut er sich.
Einfach wird seine Tätigkeit trotzdem nicht: Die Rahmenbedingungen im deutschen Gesundheitswesen sind geradezu auf die systematische Benachteiligung kleiner Krankenhäuser ausgelegt. Die von den Krankenkassen gezahlten Fallpauschalen orientieren sich an den Aufwendungen einer Klinik mit 400 Betten – das Husumer Haus bringt es auf gerade einmal 250 Betten mit entsprechend höheren Fixkosten pro Bett.
»Trotzdem kann und wird es uns gelingen, eine Rendite von vier Prozent zu erwirtschaften, also rund 3,2 Millionen Euro«, ist von der Becke sicher. »Die brauchen wir auch, um unseren eigenen Anteil an den notwendigen Investitionen finanzieren zu können.«
Als Teamspieler setzt er auf das Expertenwissen seiner Mitarbeiter. Er plant jährliche Strategiekonferenzen mit den Chefärzten und allen anderen Führungskräften. »Ich möchte, dass wir über alle Standorte hinweg einen noch stärkeren Teamgeist entwickeln. Die Abläufe ständig zu verbessern, neue Angebote zu konzipieren und neue Methoden einzuführen – das müssen Aufgaben aller Beschäftigten sein. Nur ein Unternehmen, das die Kreativität aller Mitarbeitenden nutzt, hat im heutigen Gesundheitswesen eine realistische Chance«, betont von der Becke. »Kommunikation und Transparenz stehen bei mir obenan – nach innen wie nach außen.«
Obwohl erst seit zwei Wochen im Amt, hat er bereits erste Veränderungen eingeleitet: Das Unternehmenscontrolling wurde reformiert, ein neues Berichtswesen eingeführt und die Einbindung der Chefärzte in die Unternehmensführung intensiviert.
Kooperationen mit anderen Krankenhäusern außerhalb des Kreises steht der neue Geschäftsführer offen gegenüber: »Das Gesundheitswesen der Zukunft ist ohne Zusammenarbeit nicht vorstellbar. Wir sollten versuchen, die strengen Grenzen zwischen den medizinischen Sektoren – Akutmedizin, ambulante Behandlung, Reha – aufzuheben. Das Ziel muss eine Gesundheitsversorgung aus einer Hand sein.«
Den derzeitigen Planungen zur Zentralisierung der Geburtshilfe in Schleswig Holstein steht von der Becke eher kritisch gegenüber. »Aus eigener Erfahrung als Vater von zwei Töchtern finde ich es nicht richtig, dass den werdenden Müttern Wege von mehr als 40 Kilometern zugemutet werden. Hier wird die Ökonomie über den Menschen gestellt«, kritisiert er. Zwar müssten die Sicherheitsaspekte bei einer Geburt ganz oben angesiedelt werden – doch für zwei Drittel aller Geburten reiche eine traditionelle Geburtenstation ohne Hochleistungsmedizin vollkommen aus.
Den Kreißsaal in Wyk auf Föhr wieder zu eröffnen, hält er allerdings nicht für möglich: »Das Insel-Klinikum ist einfach zu klein, um das mindestens erforderliche Personal beschäftigen zu können. Ich kann nachvollziehen, dass das für Föhrer Familien hart ist. Aber aus Sorge um Mutter und Kind sowie aus Angst vor Haftungsansprüchen, wenn etwas schiefgeht, halte ich Geburten auf Föhr nicht für verantwortbar.«
Die Geburtenstation in Niebüll hingegen würde er gern wieder eröffnen. Das Klinikum versuche weiterhin, alle erforderlichen Hebammenposten zu besetzen.
Landrat Dieter Harrsen, der gleichzeitig der Chef des Aufsichtsrates des Klinikums Nordfriesland ist, freut sich, einen so ausgewiesenen Fachmann als Geschäftsführer gefunden zu haben: »Mit seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz und seiner offenen Art ist Herr von der Becke genau der Manager, den wir jetzt brauchen, um eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in Nordfriesland aufrecht zu erhalten und trotz der widrigen Rahmenbedingungen auch wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen.«
PM: Kreis Nordfriesland